Phytohormone
Inhaltsverzeichnis
Was sind Phytohormone?
In Verbindung mit der Linderung von Hitzewallungen, Schweißausbrüchen und weiteren Wechseljahresbeschwerden liest man häufig den Begriff Phytohormone. Unter dem Begriff Phytohormone werden pflanzliche Verbindungen mit hormonartiger Wirkung zusammengefasst.
Generell sind Hormone Botenstoffe, die wichtige Signale weiterleiten. Beim Menschen beispielsweise vom Körper an das Gehirn. Ebenso wirken auch Phytohormone als Botenstoffe in Pflanzen. Sie vermitteln der Pflanze wichtige Informationen über ihre Umgebung. Außerdem spielen sie beim Wachstum und der Entwicklung eine wichtige Rolle.
Welche Phytohormone gibt es und wie wirken sie?
Wie der Name schon sagt, wirken Phytohormone ähnlich der menschlichen Hormone. Ebenso wie diese können sie ganz unterschiedliche Effekte auf den menschlichen Körper haben. Man unterscheidet dabei vor allem östrogen- und progesteronartige Phytohormone. Doch auch pflanzliche Hormone mit testosteronartiger Wirkung sind bekannt.
Phytoöstrogene ähnlich dem wichtigsten weiblichen Sexualhormon Östrogen
Die Phytoöstrogene ähneln in ihrer chemischen Struktur dem weiblichen Östrogen Estradiol. Sie docken auch an denselben speziellen Bindestellen (Rezeptoren) im weiblichen Körper an. Aufgrund dieser strukturellen Ähnlichkeit zu körpereigenen Östrogenen können Phytoöstrogene daher auch Sexualfunktionen und die Psyche beeinflussen. In der medizinischen Fachsprache werden Phytoöstrogene als selektive Östrogenrezeptormodulatoren bezeichnet.
Häufig trifft man in diesem Zusammenhang auch auf die Bezeichnung SERM. Diese ist die Abkürzung für die englische Bezeichnung Selective Estrogen Receptor Modulators. Ein SERM hat die Eigenschaft, dass es nicht in allen Geweben dieselbe Wirkung hervorruft. In einigen Organen bewirkt es die gleiche Wirkung wie das Östrogen, in anderen dagegen blockierte es dies wiederum. Das hat den Vorteil, dass im Idealfall nur die positiven Wirkungen hervorgerufen werden.
Isoflavone & Co.
Die bekanntesten Phytoöstrogenen sind die Isoflavone. Sie sind in bestimmten Hülsenfrüchten enthalten, wie aus
- der Sojapflanze (Glycine) und
- dem Rotklee (Trifolium pratense).
Das in Soja enthaltene Isoflavon Genistein ist besonders aktiv. Allerdings wirkt es bei rund 30% der Frauen nicht. Denn Genistein selber hat keine hormonelle Wirkung. Es muss zunächst erst von bestimmten Darmbakterien in das wirksame Molekül Equol umgewandelt werden. Sind diese Bakterien nicht in der Darmflora bei Frauen enthalten, so wirkt das Isoflavon Genistein daher nicht.
Die sogenannten Hydoxystilbene haben ebenfalls eine östrogenartige Wirkung. Sie werden aus Rhapontik-Rhabarber (Rheum rhapontikum) gewonnen. Diese Pflanze gehört zu den Knöterichgewächsen (Polygonaceae) und ist besser als Sibirischer- oder auch Bulgarischer Rhabarber bekannt.
Zu den Phytoöstrogenen zählen weiterhin die Lignane. Sie kommen in Leinsamen, Kürbiskernen und verschiedenen Getreidearten vor. Zudem hat auch Hopfen (Humulus lupulus) eine starke östrogenartige Wirkung.
Wichtig für Sie:
Soja-Isoflavone wirken nicht bei jeder Frau.
Phytoprogesteron wirkt wie Gestagen
Pflanzliches Progesteron wirkt ähnlich dem weiblichen Sexualhormon Gestagen, unter anderem schlaffördernd und angstlösend. Enthalten ist es in der
- Yamswurzel (Dioscorea) und dem
- Mönchspfeffer (Agnus castus).
Phytoandrogene: Testosteron für die Pflanze
Der Wirkmechanismus der Phytoandrogene ist nicht gänzlich geklärt. Allerdings sind Effekte bekannt, die denen des männlichen Sexualhormons Testosteron ähneln. Gewonnen werden Phytoandrogene beispielsweise aus
- Ginseng (Panax ginseng) und der
- schottischen Pinie (Pinus sylvestris).
Wichtig für Sie:
Auch für die Traubensilberkerze (Cimifuga racemosa) wird ein hormonartiger Effekt diskutiert (1, 2). Vorwiegend geht man jedoch von einem hormon-unabhängigen Wirkmechanismus aus. Unerwünschte Effekte auf Gebärmutterschleimhaut oder Brustgewebe sind nicht bekannt (3).
Bei welchen Beschwerden werden Phytohormone eingesetzt?
Zur Behandlung von Wechseljahresbeschwerden greifen viele Frauen gerne auf Präparate mit pflanzlichen Bestandteilen zurück. In der Wahrnehmung gelten diese als milder und verträglicher im Vergleich zu chemisch-synthetisch hergestellten Produkten. Die Wirksamkeit ist dabei jedoch nicht immer gut belegt.
Von besonderer Beliebtheit sind in Deutschland meistens pflanzliche Arzneimittel in Form von Extrakten, die aus Pflanzenbestandteilen gewonnen werden. Sie können in den meisten Fällen rezeptfrei in der Apotheke gekauft werden. Daneben werden pflanzliche Präparate auch als Nahrungsergänzungsmittel in Reformhäusern, Drogerien oder Apotheken angeboten.
Wichtig für Sie:
Phytohormone sind in Deutschland in Form von Trockenextrakt erhältlich. Dabei werden sie einzeln oder in Kombination mit weiteren Pflanzenextrakten oder Vitaminen angeboten. Der Anteil des wirksamen Phytohormons kann dabei stark variieren.
Wechseljahresbeschwerden: hier sollen Phytoöstrogene helfen
Mit pflanzlichen Arzneimitteln oder Phytohormonen können Frauen in den Wechseljahren versuchen, ihren Hormonmangel auszugleichen. Denn im Klimakterium werden immer weniger körpereigene Östrogene gebildet. Dadurch kommt es bei vielen Frauen zu Beschwerden. In einigen Fällen sogar so stark, dass die Lebensqualität beeinträchtigt wird. Gerade dann, wenn eine klassische Hormonersatztherapie (HRT) aus medizinischen oder persönlichen Gründen nicht in Frage kommt, greifen viele Frauen zur pflanzlichen Alternative.
Isoflavone aus Sojabohnen oder Rotklee werden vor allem zur Linderung bei Hitzewallungen empfohlen. Zur Wirksamkeit gibt es allerdings keine eindeutigen Daten. Insbesondere bei Einnahme in Form von Nahrungsergänzungsmitteln konnte bislang weder ein schädlicher noch positiver Effekt nachgewiesen werden.
Die Wirksamkeit von Hydoxystilbenen aus Rhapontik-Rhabarber bei Hitzewallungen, Schlafstörungen, depressiven Verstimmungen sowie Ängstlichkeit gilt hingegen als gesichert. Der Wirkstoff ist seit 1993 als pflanzliches Arzneimittel zur Behandlung von Wechseljahresbeschwerden für den deutschen Markt zugelassen.
Prämenstruelles Syndrom: Ausgleich des Progesteronmangels
Zu den Beschwerden des Prämenstruellen Syndroms (PMS) zählen unter anderem Brustschmerzen, Kopfschmerzen und Gereiztheit. Diese Symptome werden vermutlich durch hormonelle Schwankungen ausgelöst. Vor allem in der 2. Zyklushälfte kommt es oftmals zu einem Progesteronmangel, der Auslöser für diese Beschwerden ist. Einigen Frauen hilft dann pflanzliches Progesteron, um diesen Mangel auszugleichen.
Alterungserscheinungen: Haut, Haare, Falten
Straffe Haut und volles Haar. Welche Frau im fortgeschrittenen Alter träumt nicht davon? In einigen Tierstudien schienen sich Dicke, Elastizität sowie Durchblutung der Haut nach Gabe von pflanzlichen Östrogenen aus Rotklee zu verbessern (13). Auch berichteten manche Frauen von einer subjektiven Verbesserung und positivem Effekt der Phytohormone auf Haut, Haare und trockene Schleimhäute. Handfeste Belege dafür gibt es jedoch nicht.
Osteoporose und weitere Anwendungsgebiete: Wirkung nicht hinreichend belegt
Osteoporose ist eine mögliche Langzeitfolge der Wechseljahre und betrifft zahlreiche Frauen. Eine natürliche und effektive Behandlungsmöglichkeit ist also mehr als wünschenswert. Die Wirkung von Phytohormonen auf Osteoporose ist jedoch derzeit noch nicht ausreichend erforscht. Erste Hinweise auf eine positive Wirkung von Genistein auf die Knochendichte müssen zunächst in großen Studien näher untersucht werden. Dies gilt auch für andere Effekte im Körper, an denen Phytohormone möglicherweise beteiligt sind. Dazu zählen
- das Herz-Kreislauf-System,
- der Stoffwechsel,
- das Gehirn und Nervensystem.
Wichtig für Sie:
Die Wirksamkeit von Phytohormonen ist in vielen Fällen noch nicht eindeutig belegt.
Nebenwirkungen von Phytohormonen: das sollten Sie beachten
Generell gelten Phytohormone als gut verträglich. Aber: pflanzlich bedeutet nicht harmlos! Dies gilt insbesondere für hormonartig wirkende Pflanzenstoffe. Als unbedenklich gelten Phytohormone nur, solange sie im Rahmen einer normalen Ernährung in Form von Lebensmitteln oder Getränken konsumiert werden.
Bei hoher Dosierung oder längerfristiger Einnahme können jedoch unerwünschte Effekte auftreten. Häufige und eher harmlose Nebenwirkungen sind
- Magen-Darm-Beschwerden,
- Übelkeit,
- Hautrötungen,
- Schwellungen.
Inwieweit diese Nebenwirkungen direkt auf Phytohormone zurückzuführen sind, ist unklar. Möglicherweise können auch andere Inhaltsstoffe von Phytohormon-Präparaten Beschwerden auslösen. Wenn Sie nach Einnahme eines Phytohormons unangenehme Symptome bemerken, setzen Sie das Präparat ab. Üblicherweise klingen die Beschwerden dann schnell wieder ab.
Mögliche hormonelle Effekte
Wesentlich folgenschwerer als Übelkeit und Hautrötungen sind mögliche unerwünschte hormonelle Effekte. Denn Phytohormone greifen, wie alle Hormone, in den Hormonhaushalt des Körpers ein. Was bedeutet das? Das Gewebe in der Brust oder der Gebärmutter wird durch Sexualhormone beeinflusst.
Denselben Effekt haben auch beispielsweise Isoflavone. Sie können deshalb in diesen Geweben Veränderungen hervorrufen. Auch negative Effekte auf die Schilddrüse werden vermutet. Deshalb wird von einer längerfristigen Einnahme bei Frauen in den Wechseljahren abgeraten. Es besteht dann auch ein erhöhtes Brustkrebsrisiko. Eine kurzfristige Einnahme gilt jedoch als sicher.
Generell dürfen Phytohormone allerdings nicht bei Verdacht auf oder einer bereits vorliegenden hormonabhängigen Krebserkrankung eingenommen werden.
Tipps: Phytohormone im Alltag
Phytohormone sind auch eine Frage der Ernährung. Diese „pflanzlichen Hormone“ sind in Asien als Bestandteil der traditionellen Ernährung seit langem bekannt. Denn insbesondere die dort häufig verzehrten Sojabohnen und Sojaprodukte enthalten viele hormonartig wirkende Inhaltsstoffe. Vor einiger Zeit wurde zudem entdeckt, dass Asiatinnen seltener an Wechseljahresbeschwerden leiden. Ob dies allerdings in Zusammenhang mit einer sehr viel sojareicheren Ernährung steht, die besonders viel Phytohormone enthält, ist unklar. Außerdem scheint die Wirkung von Phytohormonen von der Art des Verzehrs abhängig zu sein. Während in Asien die Aufnahme in natürlicher Form über die Nahrung erfolgt, werden hierzulande isolierte und angereicherte Darreichungsformen (z.B. als Nahrungsergänzungsmittel) verwendet.
Dabei gilt: Eine ausgewogene und gesunde Ernährung ist grundsätzlich gut für die Gesundheit. Das allgemeine Wohlbefinden verbessert sich. Und manche frau hat dann auch ihre Wechseljahresbeschwerden wieder besser im Griff. Die Aufnahme von phytoöstrogenhaltigen Tees oder Lebensmitteln wie
- Hülsenfrüchten,
- Vollkornprodukten,
- Leinsamen und
- Sojabohnen
kann dabei ebenfalls unterstützen. Sie finden hier Wissenswertes zur Ernährung während der Wechseljahre.
Große Auswahl an Phytohormonen: darin unterscheiden sich die Präparate
Ein Blick in der Apotheke oder Drogerie zeigt: Phytohormone sind vielfach und in den verschiedensten Darreichungsformen erhältlich. Dazu zählen Nahrungsergänzungsmittel in Kapsel oder Tablettenform. Teilweise sind Vitamine, Mineralstoffe oder weitere Pflanzenextrakte beigemengt. Entscheidend für die Wirksamkeit eines Präparates ist die angegebene Menge an Phytohormonen. Bei Isoflavonen werden mindestens 50 mg pro Einheit empfohlen.
Wichtig für Sie:
Ob Ihnen Phytohormone helfen oder nicht, ist schwer zu sagen. Denn sie wirken nicht bei allen Frauen gleich gut. Probieren Sie individuell aus, was Ihnen persönlich hilft. Nehmen Sie die Präparate dabei bevorzugt zu einer Mahlzeit ein. So werden mögliche Nebenwirkungen auf die Verdauung verringert. Bei Unklarheiten sprechen Sie auch mit Ihrem Frauenarzt, ob pflanzliche Hormone für Sie geeignet sind.
Quellenangaben
- European Medicines Agency (EMA). HMPC “Assessment report on Cimicifuga racemosa (L.) Nutt., rhizoma Draft-Revision” (EMA/HMPC/48744/2017; 18 July 2017 Committee on Herbal Medicinal Products [HMPC]). 2017. 1-64.
- Kraft, K (2012). Phytotherapie versus Hormone bei klimakterischen Beschwerden. EHK 61(04): 208-213.
- Fachverlag Gesundheit und Medizin GmbH & Co. KG. Pflanzliche Mittel bei Wechseljahren. Online unter http://www.stark-gegen-schwitzen.de/schweiss/hitzewallungen-wechseljahre/pflanzliche-mittel-wechseljahre/ (aufgerufen am 26.02.2018)